Dolfi singt für alle oder "Der Kinderstar"
Rolf kann
gut singen, aber nicht besser als viele andere Kinder.Er singt auch gern,
besonders bei langweiligen Arbeiten, zum Beispiel beim Fahrradputzen. Leider
singt er fast immer dasselbe Lied. Man kann es so schön schmalzig in die Länge
ziehen.
Manchmal halten
die Nachbarn das nicht mehr aus. Wenn dann einer das Fenster aufmacht und
schimpft, ist Rolf sofort still. Aber es kommt vor, dass er kurz darauf, ganz
in Gedanken, wieder anfängt zu singen.
Eines Tages
kommen ein Herr und eine Dame zu Rolfs Eltern. Der Junge hat gerade wieder sein
Fahrrad geputzt. Wollen die beiden sich über seinen Gesang beschweren? Aber
nein: sie loben den Jungen und seine schöne Stimme. Sie haben einen Plan: Aus
Rolf soll ein Kinderstar werden!
Die Mutter ist
sofort begeistert. Sie sieht ihren Rolf schon auf der Bühne oder im Fernsehen.
Sie stellt sich seinen Namen auf Schallplatten vor. Und man wird in der Zeitung
über ihn schreiben!
Der Vater hält
das Ganze für einen schlechten Witz. Rolf ist doch ein ganz normaler Junge. Er
soll später einmal eine ordentliche Berufsausbildung bekommen und kein affiger
Star werden.
Gleich halten die
anderen ihn für einen Rabenvater. Gönnt er seinem Sohn nicht, reich, berühmt
und glücklich zu werden? Hat er denn keine Ahnung, was solch ein Kinderstar
verdient?
Von Geld mag der
Vater nichts hören. Er hat schlimme Sorgen. Im vorigen Jahr sind sie umgezogen
und haben neue Möbel gekauft. Jetzt müssen die Abzahlungsraten dafür bezahlt
werden. Aber deshalb darf man doch den Jungen nicht ausnutzen.
Nun soll Rolf
selbst sagen, was er will. Er lässt sich leicht überreden. Er möchte gern ein
berühmter Kinderstar werden. Der Vater warnt ihn, aber Rolf hört nicht darauf.
Der Herr und die
Dame haben schon einen Vertrag mitgebracht. Wenn sie aus Rolf einen Kinderstar
machen, wollen sie auch einen Teil seiner Einkünfte haben. Natürlich nur einen
ganz kleinen Teil! Schließlich lässt auch der Vater sich überreden. Er und die
Mutter unterschreiben den Vertrag.
Jetzt
erfährt Rolf, dass er als Kinderstar nicht mehr Rolf oder Rudolf heisst, sondern
"Dolfi". Er darf auch niemandem sagen, dass er schon zehn Jahre alt
ist. Für die Werbung ist es doch viel besser, wenn man ihn drei Jahre jünger
macht. Gut, dass er für sein Alter so klein ist. Das passt ihm gar nicht. Doch
nun ist der Vertrag unterschrieben.
Gleich
am nächsten Sonntag soll "Dolfi" bei einem Vereinsfest singen. Aber
erst muss er noch lernen, wie ein Star sich auf der Bühne zu bewegen hat. Die Dame
bringt ihm das bei.
Er
darf jetzt nicht mehr mit den anderen Kindern spielen. Dabei könnte er sich
erkälten. Und ohne dicken Schal um den Hals darf er nicht mehr aus dem Haus
gehen.
Rolfs
Freunde finden das alles albern, nur ein Mädchen bewundert ihn. Aber was hat er
davon? Er ärgert sich bald über den ganzen Rummel. Hätte er das bloss nicht
angefangen!
Der
Vater merkt, dass Rolf unglücklich ist. Er macht sich Vorwürfe, weil er den
Vertrag unterschrieben hat. Wie soll er dem Jungen jetzt helfen? Schliesslich
findet er einen Ausweg.
Rolf
tritt wirklich am Sonntag beim Vereinsfest auf. Mit einer riesigen Schleife am
Hals kommt er auf die Bühne. Und dann singt er. Aber so grässlich falsch und
misstönend, dass die Zuhörer eine Gänsehaut kriegen. Dazu macht er alle
einstudierten Bewegungen an der falschen Stelle. Er blamiert sich, so gut er
kann.
Die
Mutter schämt sich sehr, aber der Vater ist zufrieden. Der Herr und die Dame
sind so wütend, dass sie auf offener Bühne den Vertrag zerreissen.
Rolf
und der Vater trampeln vergnügt auf der lächerlichen Halsschleife herum. Rolf
darf wieder Rolf sein! Dann ziehen sie Arm in Arm von der Bühne. Dabei singen
sie laut, richtig und sogar zweistimmig.
Ursula WölfelDie komplette Aufgabe kann man vom Server herunterladen >>
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