Hörtext zum
Nachlesen: Bewerbungsgespräch
I: Spätestens wenn Sie
Ihren ersten Praktikumsplatz suchen, kommt es unweigerlich auf Sie zu: Das Bewerbungsgespräch. Wir haben heute eine Expertin auf
diesem Gebiet bei uns.
Frau W., Sie sind Kommunikationstrainerin und bereiten unter anderem auch
Bewerber professionell auf Bewerbungsgespräche vor. Worauf muss man als Bewerber
besonders achten?
W:
Viele Bewerber nehmen die Phasen vor dem eigentlichen Gespräch nicht ernst genug. Bei der Zugfahrt zum Bewerbungsgespräch kann ich mich auf das
Gespräch vorbereiten.
I: Sie meinen, noch mal die Bewerbungsunterlagen
studieren?
W: Nein, das
gerade nicht. Das sollte man schon zu Hause erledigt haben. Vorbereitung auf
ein Gespräch heißt hier: möglichst viel sprechen
und sich innerlich auflockern. Sprechen Sie mit den Mitreisenden im Zug! Es empfiehlt sich auch, rechtzeitig anzureisen und
sich lieber noch in ein nettes Cafe zu setzen, als auf den letzten Drücker beim
Unternehmen einzutreffen. Auf jeden Fall müssen Sie pünktlich sein – wer
zu spät kommt, hat schon verloren.
I: Man hört immer
wieder, dass der erste Eindruck der wichtigste sei.
W: Das stimmt. Die ersten Minuten oder sogar der „small talk" bei der Begrüßung sind entscheidend für den Ablauf des Gesprächs. Fast alle Sympathiepunkte
werden schon zu diesem Zeitpunkt vergeben.
Wer hier unsicher oder abweisend wirkt, kann dies nur schwer wieder
ausgleichen. Hier ist es sehr hilfreich, wenn man sich gleich die Namen
der Gesprächspartner merkt, falls man sie nicht schon vorher wusste. Wenn das
schwer fällt – machen Sie sich Notizen. Notizen sind auf jeden Fall erlaubt.
I: Worauf sollte man bei der Begrüßung besonders achten?
W: Nennen Sie bei der Begrüßung Ihren vollen Namen und halten Sie dabei unbedingt Blickkontakt. Wenn Ihnen ein Getränk angeboten wird, nehmen Sie es auf
jeden Fall als Ausdruck der Gastfreundschaft an, auch wenn Sie keinen Durst
haben. Alkoholische Getränke sollten Sie aber selbstverständlich ablehnen. Setzen Sie sich erst,
wenn alle anderen sitzen oder wenn Sie dazu aufgefordert werden. Ach ja –
schalten Sie schon vorher Ihr Handy aus!
I: Das hört sich an,
als ob es gar nicht wichtig wäre, was man sagt, sondern wie man es sagt.
W: Die Körperhaltung und die Art des Sprechens sind in der Tat
sehr wichtig. Sie zeigen dem Interviewpartner,
ob Sie entspannt sind oder angespannt, ob Sie Angst haben oder sich auf Ihren
neuen Job freuen. Diese Signale können entscheidend sein, ob man sich überhaupt
für Sie interessiert.
I: Und wie sollte man sich da verhalten?
W: Da ist
zunächst mal die Körperhaltung. Sitzen Sie möglichst
aufrecht und entspannt. Das geht leichter, wenn Sie Ihre Sitzhaltung öfter ändern
und sich immer dem Gesprächspartner freundlich zuwenden. Ungünstig ist es aber, wenn Sie den Oberkörper zu weit
vorbeugen. Beim Sprechen können Sie durchaus auch Gesten benutzen, aber
fuchteln Sie nicht wild mit den Armen umher. Vermeiden Sie möglichst Unsicherheitsgesten wie Kratzen am Kopf oder Herumspielen
mit dem Kugelschreiber.
Ein
wichtiger Punkt ist auch die Mimik. Die können
Sie zuhause vor dem Spiegel oder noch besser mit einem Partner vorher üben. Ihr
Gesichtsausdruck sollte freundlich interessiert sein. Das gilt übrigens nicht
nur beim Sprechen, sondern auch beim Zuhören. Besonders wichtig: Halten Sie
Blickkontakt. Blickkontakt signalisiert in Deutschland Interesse und Offenheit,
Abschweifen des Blicks dagegen
Unsicherheit, Desinteresse oder Unaufmerksamkeit. Das heißt jedoch nicht, dass
man sein Gegenüber ständig anstarren soll - das könnte als Aggression
gewertet werden. Auch das kann man übrigens üben – am besten mit einem deutschen
Partner, wenn Sie aus einer nicht deutschen Kultur kommen.
Dass Sie klar und deutlich und nicht zu hastig sprechen, sollte ja
selbstverständlich sein.
Aber auch das muss man üben!
I: Kommen wir aber nun bitte zum Inhalt. Mit welchen
Fragen muss man rechnen?
W: Auf jeden Fall müssen Sie damit
rechnen, dass Sie sich selbst darstellen sollen. Das Unternehmen möchte wissen, was Sie können und ob Sie in die Firma
passen. Die entsprechende Frage könnte heißen: Was reizt Sie an der angebotenen
Stelle?’
Eine solche
Frage ist eine gute Gelegenheit, auf Details der Stellenanzeige einzugehen und
zu erklären, welche Qualifikationen man dafür mitbringt.
Die Interviewer wollen hören, dass man sich für kompetent und besonders geeignet hält, diese Stelle im Interesse des
Unternehmens auszufüllen Sie sollen Ihrem Gesprächspartner den Eindruck
vermitteln, dass Sie Ihre Fähigkeiten und Kenntnisse in genau dieser Position
optimal einbringen können.
I: Muss man alle Fragen beantworten?
W: Es gibt auch in Bewerbungsgesprächen unzulässige Fragen, die man eigentlich nicht
beantworten muss, z.B. wenn eine Frau gefragt wird, ob sie schwanger ist oder
ob sie in den nächsten Jahren plant, Kinder
zu bekommen. Es ist auch Ihre Privatsache, was Sie bisher verdient haben oder
wo Sie sich sonst noch beworben haben.
Allerdings
können Sie auf solche Fragen nicht
einfach antworten: „Das geht Sie nichts an!" – In diesem Fall können Sie Ihren neuen Job gleich abschreiben. Sie sind aber
nicht verpflichtet die Wahrheit zu sagen.
I: Das hört sich ja
nach Stress an.
W: Ein wenig Stress gehört dazu – die Interviewer wollen nicht nur wissen, was Sie können, sondern
auch, wie Sie auf schwierige Fragen reagieren. Solche
„heiklen" Fragen sind z.B. „Was spricht eigentlich gegen Sie?"
I: Wie kann man denn da reagieren?
W: Die erste
Empfehlung dazu heißt: Zeit gewinnen! Wird eine heikle
Frage gestellt, mit der man nicht gerechnet hat, kann es hilfreich sein, ein
wenig Zeit zu gewinnen, um sich die Antwort zurechtzulegen.
Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten. Man
kann die Frage „interpretieren", etwa in der Form: „Wenn ich Sie recht verstanden haben, wollen Sie wissen, ob..."
Man kann aber auch zurückfragen, etwa in der Form: „Was meinen Sie mit dieser Frage konkret?"
Besonders tückisch sind Unterstellungsfragen, etwa die Frage „Sie
haben ja sehr lange studiert. Wie kam das?" Wenn Sie jetzt über die schwierigen
Klausuren und die Nebenjobs reden, sind Sie schon reingefallen. Sie haben die
Unterstellung „zu lange studiert" schon stillschweigend akzeptiert und fangen an, sich dafür zu entschuldigen. Besser
ist es auf jeden Fall, offensiv zu reagieren. Sie könnten zum Beispiel
auf ihre Praxiserfahrungen während des Studiums hinweisen, die für Ihre zukünftige
Arbeit sicher nützlich sein werden.
I: Frau W., ich danke Ihnen für dieses Gespräch.
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