An meinen Lehrer
Ich war nicht einer deiner guten Jungen. An meinem Jugendtrotz ist mancher Rat Und manches wohlgedachte Wort zersprungen. Nun sieht der Mann, was einst der Knabe tat.
Doch hast du, alter Meister, nicht vergebens An meinem Bau geformt und dich gemüht. Du hast die besten Werte meines Lebens Mit heißen Worten mir ins Herz geglüht.
Verzeih, wenn ich das Alte nicht bereue. Ich will mich heut wie einst vor dir nicht bücken. Doch möcht ich dir für deine Lehrertreue
nur einmal dankbar, stumm die Hände drücken.
Aus meiner Kinderzeit
Vaterglückchen, Mutterschößchen, Kinderstübchen, trautes Heim, Knusperhexlein, Tante Rös'chen Kuchen schmeckt wie Fliegenleim.
Wenn ich in die Stube speie Lacht mein Bruder wie ein Schwein Wenn er lacht, haut meine Schwester, Wenn sie haut, weint Mütterlein.
Wenn die weint, muß Vater fluchen. Wenn er flucht, trinkt Tante Wein Trinkt sie Wein, schenkt sie mir Kuchen: Wenn ich Kuchen kriege, muß ich spein.
Der Komiker
Ein Komiker von erstem Rang Ging eine Straße links entlang. Die Leute sagten rings umher Hindeutend: Das ist der und der! Der Komiker fuhr aus der Haut Nach Haus und würgte seine Braut. Nicht etwa wie von ungefähr, Nein ernst, als ob das komisch wär.
Bumerang
War einmal ein Bumerang; War ein Weniges zu lang. Bumerang flog ein Stück, Aber kam nicht mehr zurück. Publikum - noch stundenlang - Wartete auf Bumerang.
Die Ameisen
In Hamburg lebten zwei Ameisen, Die wollten nach Australien reisen. Bei Altona auf der Chaussee, Da taten ihnen die Beine weh, Und da verzichteten sie weise Dann auf den letzten Teil der Reise.
Morgenwonne
Ich bin so knallvergnügt erwacht. Ich klatsche meine Hüften. Das Wasser lockt. Die Seife lacht. Es dürstet mich nach Lüften.
Ein schmuckes Laken macht einen Knicks Und gratuliert mir zum Baden. Zwei schwarze Schuhe in blankem Wichs Betiteln mich "Euer Gnaden".
Aus meiner tiefsten Seele zieht Mit Nasenflügelbeben Ein ungeheurer Appetit Nach Frühstück und nach Leben.
Im Park
Ein ganz kleines Reh stand am ganz kleinen Baum still und verklärt wie im Traum. Das war des Nachts elf Uhr zwei. Und dann kam ich um vier Morgens wieder vorbei.
Und da träumte noch immer das Tier. Nun schlich ich mich leise - ich atmete kaum - gegen den Wind an den Baum, und gab dem Reh einen ganz kleinen Stips. Und da war es aus Gips.
Silvester
Daß bald das neue Jahr beginnt, Spür ich nicht im geringsten. Ich merke nur: Die Zeit verrinnt Genauso wie zu Pfingsten,
Genau wie jährlich tausendmal. Doch Volk will Griff und Daten. Ich höre Rührung, Suff, Skandal, Ich speise Hasenbraten.
Mit Cumberland, und vis-à-vis Sitzt von den Krankenschwestern Die sinnlichste. Ich kenne sie Gut, wenn auch erst seit gestern.
Champagner drängt, lügt und spricht wahr. Prosit, barmherzige Schwester! Auf! In mein Bett! Und prost Neujahr! Rasch! Prosit! Prost Silvester!
Die Zeit verrinnt. Die Spinne spinnt In heimlichen Geweben. Wenn heute nacht ein Jahr beginnt, Beginnt ein neues Leben.
Nach dem Gewitter
Der Blitz hat mich getroffen. Mein stählerner, linker Manschettenknopf ist weggeschmolzen, und in meinem Kopf summt es, als wäre ich besoffen.
Der Doktor Berninger äußerte sich darüber sehr ungezogen: Das mit dem Summen wär' typisch für mich, das mit Blitz wär' erlogen.
Heimatlose
Ich bin fast Gestorben vor Schreck: In dem Haus, wo ich zu Gast War, im Versteck, Bewegte sich, Regte sich Plötzlich hinter einem Brett In einem Kasten neben dem Klosett, Ohne Beinchen, Stumm, fremd und nett Ein Meerschweinchen. Sah mich bange an, Sah mich lange an, Sann wohl hin und sann her, Wagte sich Dann heran Und fragte mich: "Wo ist das Meer?"
Mehr Gedichte und Information über den Autor >>>
|