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Главная » 2011 » Juli » 29 » Die Heimat der Biere
19:34
Die Heimat der Biere
Nirgendwo auf der Welt ist die Brauereidichte so hoch wie in Oberfranken. In fast jedem Ort gibt es eine Brauerei, in manchen sogar mehrere. Wer zuviel Gerstensaft getankt hat, kann anschließend vor Ort übernachten.
 

Warum es in der Fränkischen Schweiz so viele Brauereien gibt, kann keiner so recht beantworten. Aber über sein persönliches Verhältnis zum Bier kann jeder Oberfranke Bände erzählen. Am liebsten bei dem erfrischenden Kaltgetränk im Wirtshaus. Die Bamberger rühmen sich sogar mit ihrem Pro-Kopf-Verbrauch: 280 Liter Bier konsumiert - rein statistisch - jeder Bürger der Weltkulturerbe-Stadt! Das sei kein Grund zur Sorge, sondern Zeichen für das besondere Verhältnis zu dem Kulturgetränk. Und zu den Rohstoffen, heißt es.  

 "Der Hopfen will seinen Herrn jeden Tag sehen." Deshalb macht Norbert Kramer täglich auf dem Weg zwischen Büro, Brauerei und Lagerkeller beim Hopfengarten Halt, um sich vom Gedeihen der Rankgewächse zu überzeugen. Ganz biologisch, ohne Schädlingsmittel, will der Chef der St. GeorgenBräu die Pflanzen kultivieren, die dem Bier die eigene Würze verleihen. Auch die Braugerste, aus der das Malz gewonnen wird, stammt aus regionalem Anbau. Seit 1624 wird die Brauerei in Buttenheim familiengeführt.

Kein Auskommen in dem Ort hatte Löb Strauss, der gut 200 Jahre später geboren wurde. Der Sohn jüdischer Eltern musste wegen der wirtschaftlichen Not und der judenfeindlichen Gesetze im damaligen Bayern fliehen und wanderte mit seiner Familie nach Amerika aus. Fortan nannte er sich Levi, gründete einen Textilhandel und produzierte strapazierfähige Kleidung für die nach Gold und Glück suchenden Pioniere im Wilden Westen. Heute erinnern ein Levi-Strauss-Museum und ein eigenes Bier an den berühmten Sohn Buttenheims, der die Blue Jeans erfand.     

Bodenständige Menschen und gehaltvolle Böden 

Fest verwurzelt in der Fränkischen Schweiz hingegen ist Ernst Rothenbach. "Als Kind habe ich mich geärgert, wenn man jeden grüßen musste", bekennt der Geschäftsführer der Brauerei Rothenbach. Heute sei er froh, hier alle zu kennen. Man kümmere sich untereinander, der Zusammenhalt sei besser als in der Stadt. Seine Familie hat das Haus in Aufseß, in dem heute Bier ausgeschenkt wird, 1723 von einem Amerikaauswanderer erworben. Seit 1886 brauen die Rothenbachs Bier. Die Utensilien übernahmen sie von Franziskanermönchen.

Keine Experimente wagen die Rothenbachs, wenn es um die Qualität der Zutaten für ihre Biere geht. Das Wasser beziehen sie aus der eigenen Quelle. Die Braugerste wächst ums Dorf herum. "Diese Hochfläche, das Jura, ist sehr gut geeignet, und vielleicht ist das auch ein Grund dafür, warum es so viele Brauereien gibt", vermutet Ernst Rothenbach. 

Unverwechselbar im Inhalt und in der äußeren Form 

Hier in den kleinen Brauereien könne der Braumeister noch ein Bier mit Ecken und Kanten, also mit persönlicher Note brauen, hebt Ernst Rothenbach den Vorteil der kleinen Dorfbrauerei hervor. "Kein Marketingchef, kein Vorstand macht seinen Einfluss geltend, um ein Mainstream-Produkt zu bekommen." Diese Unverwechselbarkeit im Wettbewerb unter den kleinen Anbietern mache den Erfolg aus und sichere das Überleben in der Branche.

Absolut genial findet der Mitinhaber der Rothenbach-Brauerei den Bügelverschluss. Egal ob der Bauer auf dem Feld oder der Bauarbeiter, alle können die Flasche antrinken und wieder verschließen. Und einen Falschenöffner brauche man auch nicht.

Sein Vater habe sich damals gewehrt, die Kronkorken einzuführen, erzählt Ernst Rothenbach stolz. Heute erlebe der praktische Verschluss eine Renaissance. Stur, konservativ sein, am Altbewährten festhalten, diese Eigenschaften kennzeichnen die Menschen am nordöstlichen Rand Bayerns. Einheimische sieht man beim Plausch am Gartenzaun oder beim Bierchen in der Wirtschaft.

Rasche Aufnahme in die Dorfgemeinschaft

Diese Mentalität gefiel der Rheinländerin Bianca Roth-Helmenstein so sehr, dass sie sich mit ihrem Mann in Aufseß niedergelassen hat. Heute lacht sie über den Kraftakt, die alte Posthalterei unter dem Schloss umgebaut zu haben. "Die Einheimischen akzeptieren und unterstützen uns", erzählt die gelernte Buchbinderin und Erzieherin, während der Duft von Geräuchertem sich ausbreitet.

 In dem Anwesen, das aus dem 13. Jahrhundert stammt, können Gäste frisch geräucherten Fisch, selbstgebackene Brote und Kuchen und frische Obstsäfte genießen oder im Laden nach Mitbringseln stöbern. Schmuck und Keramikwaren stellt Bianca Roth-Helmenstein selbst her und sie bringt Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen alte Handwerkstechniken bei wie Buchbinden, Papierschöpfen, Färben, Filzen, Töpfern.    

 Mehr als nur Bier und Schweinebraten

Viel Kleinod wartet am Wegesrand, beachtet zu werden. Verborgene Keltenstätten im Wald, romantische Burgen und Schlösser erzählen von historischer Besiedlung. Meterhohe einzelne Felsen, grüne Wiesen, die von sanften Hügeln durchzogen werden, rauschende Bäche, herrlich frische Luft zeigen die Vielfalt der Natur. Und jede Menge Gaststätten laden zum Verweilen ein.

Urlaub am Zapfhahn

Auf dem 14 Kilometer langen Brauereienrundweg um Aufseß trifft man auffallend gut gelaunte Menschen, denn der Kurs führt von einer zur nächsten Brauerei. Die 1500-Seelen-Gemeinde hat vier Brauereien und steht für ihre Brauereidichte im Guiness-Buch der Rekorde. Auf 375 Einwohner kommt eine Braustätte. Gäste können sich die Einkehr durch einen Stempel dokumentieren lassen und erhalten auf Wunsch am Ende der Runde eine Urkunde der Gemeinde.

Hilmar Reichold, gehört zum Verbund dazu. Der Chef der gleichnamigen Brauerei kann aber auch von Negativbeispielen berichten: "Die Gäste, die im Bus kommen und schon während der Fahrt Alkohol konsumieren. Wenn die dann noch den Brauereienweg gehen, ist es abends schon manchmal ganz schön krass."

Hilmar Reichold braut in der vierten Generation seiner Familie Bier. Sein Sohn arbeitet auch im Betrieb, und der wiederum hat auch schon drei Kinder. Irgendwie wird die Tradition schon fortgesetzt.

Davon ist Hilmar Reichold überzeugt. Hinter den Braustätten können Urlauber ihre Wohnmobile abstellen, und im Winter, wenn weniger Leute hierher kommen, bietet Reichold "all-inclusive-Wochenenden" an. Da kann jeder Gast soviel essen und trinken wie er mag.

Keine Konkurrenten, sondern Kollegen

Jeder Wirt habe seine Stammkundschaft, jeder braue ein eigenes Bier. Und am Ende passierten alle Auswärtigen den Brauereienweg, nicht ohne etwas Deftiges zu essen. In der Umgebung wimmelt es nur so von Dorfmetzgereien und Fischräuchereien. Dagegen mangele es an Polizeikontrollen, erzählt ein Ortskundiger. Die nächste Polizeidienststelle ist zwar 17 Kilometer entfernt, aber in einem anderen Landkreis ansässig und daher nicht zuständig. Einerseits. Andererseits bieten viele Brauereien Gästezimmer an und organisieren bei Bedarf einen Fahrdienst.

Autorin: Karin Jäger
Redaktion: Arne Lichtenberg

Das Material ist vom Standort "Deutsche Welle"

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