Fußball und viel mehr Gekürzt übernommen von Cornelia Pretzer
Jedes Jahr treffen sich auf der RoboCup-WM Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt, um die von ihnen entwickelten Roboter gegeneinander antreten zu lassen. Deutsche Roboter sind bei diesem Wettkampf wie in den vergangenen Jahren die Favoriten. Doch warum Fußball? Weil dieser Sport unter realisierbaren Wettkampfbedingungen die neuesten Forschungsergebnisse aus dem Bereich „Autonome mobile Roboter" auf den Prüfstand stellt. Denn die Fußballroboter, ob groß, ob klein, ob auf zwei oder vier Beinen müssen nicht nur Bits und Bytes richtig verarbeiten, sondern die Daten in Aktionen umwandeln. Das heißt Ball, Gegner und Mitspieler zu erkennen, sich und den Ball zu bewegen und gemeinsam das Ziel „Tor" zu verfolgen. Dabei vereinen sie viel von dem, was Roboter heutzutage schon alles können. Ziel der RoboCup-Initiative ist es, bis 2050 ein Team, bestehend aus autonomen humanoiden Robotern zu entwickeln, das gegen das menschliche Weltmeisterteam im Fußball gewinnen kann. Doch der Fußball ist nur ein exemplarisches Einsatzgebiet für die Roboter. Eigenständig gehende und denkende Roboter sollen beispielsweise auch in unbekanntem Gelände systematisch Umweltdaten erfassen oder in zerstörten oder ungesicherten Gebäuden nach Überlebenden zu suchen. Die bessere Umsetzung von Bilddaten kommt medizinischen und technischen Anwendungen zugute. Insgesamt sollen Roboter Menschen immer mehr diffizile oder gefährliche Aufgaben abnehmen können.
Aug in Aug mit dem Aibo Von Cornelia Pretzer Das Tor ist absehbar. Die Pässe kommen schnell und präzise, der Stürmer bringt den Schuss sicher ins Tor, nachdem er die gegnerische Abwehr spielend abgeschüttelt hat. Während die drei siegreichen Roboterhunde, so genannte Aibos, sich vor Freude auf dem Boden wälzen, sind wir Menschen dabei, unsere Mannschaft mittels Joystick aus den diversen Ecken des sechs mal vier Meter großen Spielfeldes wieder halbwegs einsatzbereit zu machen. Als der sich selbst steuernde Roboter mit der Kamera, die in seiner Schnauze installiert ist, schon wieder mit geradezu terminator-artigen Bewegungen nach dem Ball sucht, versuche ich meinem Aibo durch hektische Bewegungen am Joystick klarzumachen, dass er nur rückwärts aus dem Tor wieder herauskommt. Doch statt einfach rückwärts zu gehen, lässt er sich immer wieder auf den Boden fallen und streckt die Vorderbeine nach vorn. Ein hübsches Manöver, doch an dieser Stelle völlig ungeeignet. Vielleicht hilft ja Übung, denke ich, und schaue eifersüchtig auf den Roboter, der gerade mit einem eleganten Schwung seiner Schnauze den Ball seitlich ins Tor befördert. Ein anderer wirft sich, als unsere Mannschaft es endlich geschafft hat, einen Ball Richtung Tor zu befördern, mit der gleichen Bewegung, die gerade bei meinem Hund noch aussah wie eine motorische Störung, heroisch vor den Ball und lenkt ihn damit zu einem Teamkollegen. Die Wissenschaftler, die die Aibos programmiert haben, versichern mir, dass die Roboter auch nach intensiver Übung einfach schneller und besser sind als joystickgesteuerte Hunde. Wer ihnen das beigebracht hat? Sie selbst. Und zwar vom ersten Schritt an. Denn auch die Fortbewegung auf „Ellbogen" und „Knien" haben die Prozessoren der Roboter als die beste Art ausgemacht, die Anforderungen beim Fußballspiel zu erfüllen. So kommen sie am schnellsten vorwärts, rückwärts, seitwärts – und das auch noch, wann und wie sie wollen.
Angesichts dieser Fähigkeiten bekomme ich schon fast den Eindruck, mein Hund ist besonders störrisch und bösartig und will mich einfach nicht verstehen. Immer wieder ermahne ich mich, daran zu denken, dass es sich um eine Maschine handelt, die nur meine Befehle ausführt. Doch angesichts der maßlosen Überlegenheit der sich selbst steuernden Roboter stelle ich die Qualität meiner Befehle und meine Überlegenheit als Mensch über die Maschine schon in Frage. Besonders schwer fällt es mir, Emotionen aus der Sache herauszuhalten, wenn die Hunde nicht nur schnell und präzise den Ball ins Tor bugsieren, sondern danach auch noch geradezu Freudentänze aufführen. Und dann zu allem Überfluss ein Passant einem Roboter nach einem sehr „hundeartigen" Manöver liebevoll über den Kopf streicht. Mein einziger Trost: Die deutschen Aibos schlagen nicht nur die Menschen, sondern spielen bei den jährlich stattfindenden RoboCup-Weltmeisterschaften immer ganz vorn mit. Doch ob mich das tröstet, muss ich mir noch gut überlegen – ich werde mich erkundigen, ob eine Programmierung den Roboterfußballern auch das „Verschmerzen" beigebracht hat.
Quelle: www.dfg.de
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